Jobcenter Erfahrungen Selbstständige

Zwischen Akten und Absichten

Über die Kunst, im bürokratischen Nebel den eigenen Kern nicht zu verlieren.

Meine Jobcenter-Erfahrungen als Selbstständige waren ein Spagat zwischen Aktenordnern und Absichten. Ich wollte verstanden werden – bekam aber Formulare. Zwischen den Zeilen dieses Systems lernte ich mehr über Menschlichkeit, als ich erwartet hatte.

Ich komme nach Hause, die Luft riecht nach Regen und Druckerpapier.
In meiner Tasche liegen die Ausdrucke vom Jobcenter, ordentlich gestempelt, mit Zahlen, Fristen, Formularcodes.
Offiziell bin ich jetzt wieder „im Verfahren“.
Inoffiziell: irgendwo zwischen Erleichterung, Trotz und tiefer Müdigkeit.

Ich lege die Unterlagen auf den Tisch, schaue sie an, als gehörten sie jemand anderem.
So sieht also mein Leben in Dokumentenform aus:
Einnahmen, Ausgaben, Belege, Nachweise.
Kein Platz für das, was mich wirklich ausmacht.
Kein Feld für „inneres Feuer“, keine Zeile für „Ich glaube trotzdem daran“.

Ich frage mich, ob irgendwo zwischen diesen Blättern auch meine Absicht sichtbar wird –
die, weiterzumachen.
Nicht, weil ich muss, sondern weil ich nicht anders kann.

In Momenten wie diesem merke ich, wie schmal die Linie ist zwischen Verwaltung und Verwandlung.
Man kann sich in Akten verlieren – oder man kann sie als Spiegel sehen:
ein System, das versucht, Ordnung in etwas zu bringen,
was sich eigentlich nicht ordnen lässt – das Leben selbst.

Vielleicht ist das meine eigentliche Aufgabe in diesen Wochen:
meine Absichten klarer zu halten als meine Akten.
Nicht zu vergessen, dass ich nicht das bin, was dort über mich geschrieben steht.

Ich trinke einen Tee, nehme einen Stift,
und beginne eine neue Liste – diesmal nicht mit Nachweisen,
sondern mit Dingen, die mich erinnern, warum ich diesen Weg gehe:
Freiheit. Gestaltung. Sinn. Wahrheit.
Worte, die kein Formular je abfragen wird.

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